|
<< Zurück
Eva Scheppke
Spielpl�tze
Beobachtungen einer Mutter
Wenn ich hier einen Artikel �ber das Thema �Spielplatz� schreibe, so will ich weder den wissenschaftlichen Beitr�gen von Theoretikern einen weiteren hinzuf�gen noch den architektonisch-technischen Untersuchungen �ber Spielplatzanlagen; mein Ausgangspunkt wird ein anderer sein, ebenso meine Zielsetzung. Das Aufschreiben entstand direkt aus dem h�ufigen Besuchen von Spielpl�tzen, dem Hinsehen, was dort passiert, aus dem aktiven Wahrnehmen von Spiel-, Erziehungs-, Streitsituationen u. �. m., dem unbewu�ten Aufnehmen von Atmosph�rischem, von Ereignissen zwischen Menschen auf Spielpl�tzen. Eine blo�e Geschichte aus meinem Mutter-Leben auf Spielpl�tzen kann jedoch nicht sinnvoll sein. Hilfen zur Auswertung, zum Weiterdenken und zum Handeln will ich unbedingt geben. Und diese erfordern mehr als die Wiedergabe von Geschehenem, n�mlich Fragestellungen und Antworten im Sinne von: �Was ist sinnvoll, notwendig f�r Kinder?� �F�r welche Erziehungsziele ist dies und jenes an Spielpl�tzen gut und richtig?� �Welche Ger�te, Spielangebote, Verhaltensweisen sind f�r diese Ziele angemessen?� Eine Mutter zweier Kleinkinder sagte beispielsweise: �Ich wu�te gar nicht, da� ein Spielplatz schon etwas f�r meine Kinder ist!� Mit gro�er Verwunderung und auch ein wenig Neugierde erkl�rte sie mir dies, nachdem ich sie einige Male vergebens zum Aufsuchen eines Spielplatzes ermuntert hatte. Schlie�lich hatte sie dann doch einmal einen kennengelernt. Meine eigene Verwunderung war mindestens ebenso gro�, denn ich ahnte nicht, wie fremd eine Mutter von Kindern im Alter von etwa 1,6 und 3 Jahren den M�glichkeiten gegen�berstehen kann, die ein Spielplatz bietet. F�r mich und meinen Sohn (jetzt vier Jahre alt) waren der Spa� und die Abwechslung von Sandkasten, Rutschbahn und all den Ger�ten und vor allem von Freundschaften und Zusammenagieren zwischen den Kindern seit Jahren ganz selbstverst�ndlich geworden. Jetzt erst wurde ich darauf aufmerksam, welch betr�chtlicher Teil der Bev�lkerung Spielpl�tze nicht nutzt oder gar meidet. Ich sah bis dahin haupts�chlich den Kreis von Kindern und Eltern oder Betreuern, denen wir � teilweise regelm��ig � auf den Pl�tzen begegneten und an denen ich dort dieselbe Freude beobachten konnte wie an uns. Best�rkt in dem Glauben an eine allgemeine Beliebtheit von Spielpl�tzen wurde ich noch durch Vortr�ge, Diskussionen und B�rgerinitiativen, die ich zum Thema �Spielplatz� erlebte, und durch h�ufig geh�rte Klagen von Eltern �ber den Mangel an Auslaufm�glichkeiten f�r ihre Kinder, durch oft vernommene Bewunderung von und Nachfrage nach Abenteuerspielpl�tzen. Wegen dieser Beobachtung ging mir erst sp�t auf, da� nur ein begrenzter, wenn auch gro�er Kreis von Erwachsenen und Kindern auf Spielpl�tzen regelm��ig Kontakt und Auslauf sucht. Was k�nnten hierf�r die Ursachen sein? W�re es m�glich, da� manchen Eltern bei Spielpl�tzen die Assoziation: Schmutz, zerrissene Kleider, Stra�e, Gassenkinder kommen? Es ist tats�chlich verwunderlich � bei der noch immer viel zu geringen Zahl von Spielpl�tzen! �� wie wenig Kinder insgesamt diese Stellen, oft Inseln inmitten der Gro�st�dte, aufsuchen. Im Hinblick auf die gro�e Zahl der Bewohner einer Region sch�ttle ich manchmal den Kopf �ber leerliegende oder zuzeiten kaum frequentierte Pl�tze. Selbst wenn ich durchaus einr�ume, da� es katastrophal h��liche, langweilige, schmutzige Pl�tze gibt, so weise ich es entschieden zur�ck, da� dies der einzige Grund f�r ihr Leerliegen ist. Nat�rlich zieht jedes menschliche Wesen eine �sthetische Umgebung vor, aber Aussehen und Komfort sind nicht die Attraktionen f�rs Spielen, ganz bestimmt nicht f�r Kinder. Und ich will hier gleich zu Anfang meines Beitrags sagen, da� er kaum die Frage der Ger�te und Abwechslungen auf interessanten Spielpl�tzen ber�hren wird, sondern vielmehr, was jeder einfachste Platz bietet: Miteinander (auch Gegeneinander!) von Menschen.
Der Spielplatz und seine M�glichkeiten f�r Kinder
Ich habe nun genauer beobachtet und �berlegt, was meinen Sohn an Spielpl�tzen anzieht; er treibt und zieht mich n�mlich, sooft es geht, auf jeden m�glichen Spielplatz. So lernten wir in unserer Umgebung und auf Reisen die unterschiedlichsten Pl�tze kennen: Da gibt es winzige und ganze Gel�nde, da gibt es solche mitten in der Gro�stadt zwischen H�userblocks und solche in W�ldern und auf Wiesen, einige, die nur aus einem Sandkasten und einer Schaukel bestehen, einige, die z.B. ganze Holzh�ttend�rfer, sogar kleine Schwimmbecken miteinbeziehen, auch Feuerstellen, Fu�ballpl�tze und eben viele, viele phantasievolle Ger�te. Manche fanden wir nur zuf�llig oder mit Hilfe von vielen freundlichen Ausk�nften. Auffallend ist f�r mich, wie stark die meisten gepr�gt sind von ihrer Umgebung und den st�ndigen Besuchern, also vom Milieu. Bei all der Vielfalt wurde mir jedoch nicht ganz einsichtig, was f�r meinen Sohn oder andere Kinder die Anziehungskraft ausmacht, denn manchmal waren es gerade die armseligsten Spielpl�tze; irgend etwas Undefinierbares �in der Luft� und �auf dem Boden� scheint einige Spielpl�tze zu Favoriten zu machen. W�hrend ich selbst eine nat�rliche Lage und �sthetische Anlage sch�tze, ziehen meinen Sohn eher die Anzahl und die Art der in der Regel anwesenden Kinder an. An vielen Tagen h�re ich zuerst den Wunsch: �Ich will zu Kindern, mal wieder zu anderen Kindern als im Kindergarten oder zu Hause�, daran anschlie�end die Forderung: �Heute will ich wieder auf den Spielplatz.� Ich glaube, wir �Gro�en� k�nnen uns nie mehr wirklich vorstellen, welches Bild und welche Gef�hle die �Kleinen� ber�hren, wenn auf solch einem belebten Platz sich endlich mal alles in ihrer Augenh�he abspielt, wenn sie unter sich sind, wenn sie nur solche Dinge um sich herum sehen und sp�ren. die sie ber�hren d�rfen, wirklich benutzen, evtl. ver�ndern, die f�r sie geschaffen sind, wenn da lauter Mit-F�hlende, potentielle Kooperateure sind, welch erhebendes Gef�hl, welche Verlockung, vor Wonne einfach nur hin- und herzurennen! (Ich selbst erinnere mich noch ein wenig an meine eigene Leidenschaft f�r den Spielplatz.) Und dementsprechend verh�lt sich auch mein Sohn: endlich frei von der Qual � etwa beim Stadtbummel, beim Picknick, beim Spaziergang �� immer sich nach den Erwachsenen auszurichten, hochschauen zu m�ssen, mit ihnen gehen zu m�ssen, kann das Kind nun Neues und Vertrautes nach seinem Willen (an-)sehen, andern Kindern zugucken, abwechselnd nur staunen, imitieren, eigenen Antrieben nachgehen, Spielvariationen erfinden, je nach seiner Lust und F�higkeit. Dies jedenfalls konnte ich an meinem Kind und seinen Kameraden beobachten: Sie gucken sehr gerne und intensiv einander zu, besonders die Kleinen, danach versuchen sie, z.B. im Sandkasten oder auf einem Kletterger�st, dasselbe nachzumachen, freuen sich �ber ihren Erfolg oder m�ssen die Realit�t erkennen, da� ein anderes Kind ihnen in einer F�higkeit voraus ist. Beides halte ich f�r wichtige Erfahrungen. Kinder lernen sehr viel leichter von ihresgleichen, denn sie bieten einander ein Modell zum Imitieren, das akzeptabler ist als ein so riesiger und fremder Erwachsener. Weiter ist es wichtig f�r ihre Fortschritte, �fter ermuntert zu werden durch die eigene Leistung, etwa dasselbe, �hnliches oder Besseres als ein anderes Kind zu bew�ltigen; hier wirken �brigens k�rperliche Gewandtheit, geistige Auffassungsgabe und die Emotionen bei reinen Bewegungen und bei komplizierteren Spielen auf dem Spielplatz sehr g�nstig als Einheit ineinander. Daneben geh�rt es aber genauso zum Leben wie zum Spielen und also zur Entfaltung der Pers�nlichkeit, die eigenen Grenzen zu erfahren und anzunehmen, was oft frustrierend ist und f�r die verschiedenen kleinen �Pers�nchen� sehr unterschiedlich bew�ltigbar zu sein scheint. All diese Chancen bietet ein Spielplatz, weil hier so vielerlei Erfahrungen gemacht werden k�nnen, so vielerlei Altersstufen und Wesen von �Menschchen� zusammentreffen. Das ist also meine Interpretation und Begr�ndung f�r die Vorteile, die Kinder haben, wenn sie auf Spielpl�tzen voneinander lernen. Mein Anliegen ist dabei, hier durch diese wenigen lerntheoretischen Ausf�hrungen zu zeigen, da� der Spielplatz Kinder in ihrer Entwicklung, in der Steigerung ihrer F�higkeiten � k�rperlich, intellektuell, gef�hlsm��ig � f�rdert.
Kontaktsuche...
Wieder zur konkreten Spielplatzsituation: eine andere h�ufige Beobachtung meinerseits: Ich komme mit meinem Sohn auf einen Platz, wo er noch keine Spielkameraden kennt. Keineswegs geht er jetzt schnurstracks zur Schaukel oder zu einem verlockenden Kletterger�st, obwohl er sich wahrhaftig gern und energisch bewegt. Bed�chtig schaut er sich bei den Anwesenden um, guckt nach den sandelnden Kindern, geht nach einer Weile auf ein etwa Gleichaltriges zu, spricht es an. Fr�her konnte ich etwa h�ren: �Gibst du mir deinen Bagger?� oder �Du darfst mit meinem Eimer spielen.� Heute als gut Vierj�hriger formuliert er klar: �Darf ich mit dir spielen?� Und vor ein- bis eineinhalb Jahren erfolgte die Ann�herung eher sprachlos. Was mir jedenfalls ganz deutlich vorgef�hrt wurde: Er suchte Kontakt, wandte dabei verschiedene Methoden an, hatte meistens Erfolg und spielte danach gl�cklich mit einem anderen Kind verschiedene Dinge durch. Oft hockten sie auch nur nebeneinander, zu zweit, zu dritt � es kamen noch mehr Kameraden dazu. Ab und zu fiel ein Wort, man wollte oder zollte Bewunderung, man half, man verbesserte man stritt. Jedenfalls war das aus der Sicht des Erwachsenen stets etwas so Nettes, Begeisterndes: von dieser Spontaneit�t beim Kennenlernen anderer Menschen k�nnten wir Gro�en sehr viel von den Kleinen lernen, indem wir uns solche Kontaktaufnahme wieder gestatteten oder wenigstens bei unseren Kindern f�rdern. Ich glaube, Kinder befriedigen ihr Bed�rfnis nach Zusammensein mit menschlichen oder lebendigen Wesen besser als wir, sie gehen aufeinander noch vorurteilsfrei zu, sie machen etwas zusammen, lernen einander kennen und machen dabei � wenn man sie l��t! � z.B. auf Spielpl�tzen � sehr verschiedene lebenswichtige Sozialerfahrungen: vom K�ssen bis zum Ringkampf! Dieser Aspekt er scheint mir nun ganz besonders notwendig f�r die Erziehung und Entfaltung der kleinen Pers�nlichkeiten, weswegen ich mein Kind nicht nur in den Kindergarten bringe, mit Nachbarn spielen lasse, sondern eben auch mit ihm Spielpl�tze besuche: n�mlich das Zusammenkommen mit anderen Menschen, die Kontaktaufnahme zu noch Unbekannten und das Kennenlernen unterschiedlicher Altersstufen und Charaktere, das Erfahren von Reaktionen anderer Menschen auf eigene Verhaltensweisen, die Freude des Zusammenspiels, das Lernen eines Kindes, bei welchem Verhalten es akzeptiert, geliebt wird, womit es in Gegensatz zu anderen ger�t und wie dann aber auch solche Gegens�tze, Streitigkeiten wieder bereinigt werden k�nnen.
M�tter als �Beobachter� oder �Eingreifende�
Nun beobachtete ich bei all diesen sozialen Kooperationen und Gegens�tzen sowohl sehr verschiedene Verhaltensmuster bei den Kindern als auch extrem unterschiedliche Erziehungsstile der Eltern. Es gibt �u�erst friedfertiges oder gar �ngstliches, schutzsuchendes Verhalten � besonders bei den Kleinsten �� es gibt ruhiges, gelassenes, distanzierteres Verhalten und aktiveres bis angriffslustiges; manche Kinder sind oder, besser gesagt: manchmal sind Kinder dominierend, anregend, Streit schlichtend, manchmal sind sie mehr nachahmend, sich unterordnend. Ich empfand es als Mutter f�r meinen noch ein- bis zweij�hrigen Sohn oft sehr negativ und frustrierend, wenn er ungerechte Angriffe oder vereinnahmende, unsoziale Verhaltensweisen st�rkerer Kinder einstecken mu�te und wenn er dies als Anschauungsmaterial geboten bekam. Ich beobachtete dann eine lange Zeit erleichtert, da� er sich regelm��ig gelassen durch Distanzierung, z.B. die Suche nach einem anderen Spielzeug, aus der Affaire zog. Sp�ter mu�te ich jedoch sehen, da� auch er begann, zu schlagen und Spielzeug aggressiv wegzunehmen. Und ich mu�te erkennen, da� blo� nachgebendes, ausgesprochen �pazifistisches� Verhalten keine realistische M�glichkeit in unserer �Kinder-Gesellschaft� ist. Heute glaube ich, es war gut, da� er viele Variationen von Miteinander und Gegeneinander sah, diese selbst ausprobierte, die Folgen davon erlebte und sich einpendelte auf eine Skala von Handlungen, die zwischen dem Sich-Durchsetzen und Dem-an-andere-Denken liegen. Selbstverst�ndlich kann sich jeder vorstellen, da� unsere Kinder in diesem Punkt viel von uns mitbekommen: durch unser eigenes Tun, durch unsere Einstellung, Gef�hlswelt und durch unser Sprechen mit ihnen. Es war f�r mich stets interessant, die Reaktionen der Erzieher, meist M�tter, auf Konfliktsituationen auf dem Spielplatz zu beobachten. In der Regel rufen sie ihre Kinder zur�ck, wenn diese schlagen oder sonstwie Gewalt anwenden, trennen sie sie mit eigener Gewalt, weisen sie sie zurecht, wenn sie fremdes Spielzeug mit oder ohne Widerspruch des betroffenen Besitzers wegnehmen. Es gibt hier jedoch auch ganz extrem auseinanderliegendes Erzieherverhalten: Ich erlebte einmal eine Mutter, die ihr noch recht kleines Kind nicht sch�tzte und nicht warnte, nur stets mit den Augen verfolgte. Da ich sehen konnte, da� der Kleine trotz Widrigkeiten und Frustrationen sehr fr�hlich und sehr ruhig im Sandkasten zwischen den Kindern und Spielsachen hin- und hertrippelte, wurde ich neugierig und fragte die Mutter, wie sie dieses bewu�te Nichteingreifen bew�ltige. Es fiel ihr nicht schwer: �Es ist ihm noch nie etwas Schlimmes passiert, und ich glaube, es wird auch nie wirklich gef�hrlich.� Das Kind schien ihr recht zu geben � soweit ich sehen konnte! Ich selbst w�re zu dieser Ruhe nicht in der Lage (gewesen). Auf einem anderen Spielplatz in einem anderen Stadtteil beobachtete ich h�ufig das Gegenteil: Hier sa�en oft mehrere M�tter von Kleinkindern dicht bei ihren spielenden Spr��lingen, n�mlich am Sandkastenrand, nicht einmal auf den einige Meter entfernten B�nken. Sie verfolgten nicht nur die Bewegungen der Kleinen mit ihren Blicken, sondern gingen hinter ihnen her, entfernten sie von jedem fremden Spielzeug oder nahmen dieses weg: �Nein, nein, das geh�rt nicht dir!�, tr�steten stets bei K�mmernissen, warnten oder verhinderten immer, wenn die Kinder etwas taten, was die M�tter f�r unerlaubt oder gef�hrlich hielten: z.B. Weglaufen vom Sandkasten, Extra-Klettertouren oder Rennen, schmutziges Papier vom Boden aufheben, anderer Kinder Schaufel benutzen, schreien, schlagen. Manchmal bestand die Warnung in einer Drohung: �Wenn du nicht lieb bist, gehn wir eben wieder heim.� Was hierbei noch zu meinen Beobachtungen geh�rt, sind zwei Dinge: Ich fand Spielpl�tze, wo �berhaupt mehr M�tter anwesend waren, wo die Mehrheit der Erzieherpersonen regelm��ig eingriff, also eher auf die Kinder aufpa�te als sich sonstwie besch�ftigte. Und ich fand solche, wo weniger M�tter da waren oder diese die Kinder eher machen lie�en. Ich pers�nlich gewann den Eindruck (dies soll mehr eine subjektive Anregung zum Nachdenken und Beobachten sein), da� es eine Korrelation zwischen dem Besucherkreis und also dem umgebenden Milieu der Spielpl�tze und dem dort ge�bten Erziehungsstil geben k�nnte: Die Kinder aus den wohlhabenderen mittelst�ndischen Familien sind meist besser angezogen, werden eher umsorgt und beaufsichtigt, mehr angehalten, auf ihr Spielzeug zu achten, ihr Verhalten zu kontrollieren. So k�nnte es meines Erachtens kommen, da� ich gleichsam zwei Arten von Spielpl�tzen erlebte: erstens solche, wo zahlreiche M�tter hinter ihren Kindern, z.B. am Sandkasten, sitzen oder neben ihnen stehen, z.B. am Kletterturm. Sie geben oft Hilfen, Anleitungen, sie greifen ein. Hier spielt sich die Interaktion mehr zwischen Mutter und Kind ab und wiederum besonders stark in der einen Richtung: vom Erwachsenen zum Kind. Zweitens solche Spielpl�tze, wo die Kinder mehr sich selbst �berlassen bleiben, wo mehr Kinder alleine auf dem Platz anwesend sind, wo sich die Handlungen und Gespr�che haupts�chlich zwischen den Kleinen abspielen. Welche Verhaltensmuster und welche Erziehungsmethoden im einzelnen Fall angemessen sind, l��t sich nur beantworten, wenn man den konkreten Fall in seinen Details betrachtet: Ob Erzieher lenken m�ssen oder gew�hren lassen k�nnen, h�ngt ab vom Kind, von seinem Alter, seiner Belastbarkeit, seinem Temperament, auch von der Art des Spieles, von den Verhaltensweisen der Spielkameraden. Und es ist sicher eine subjektive, individuelle Entscheidung jedes Erziehers, welchen Weg, welches Ausma� an Freiheit oder Lenkung, er gehen will; ebenso kann man die Vor- und Nachteile beider Wege nicht wie in einer Rechnung einander gegen�berstellen. Ich will hier nur meine � begr�ndete � Ansicht vertreten: Ich f�hlte mich stets wohler mit meinem Sohn in einer Atmosph�re der Lockerheit und der kindlichen Auseinandersetzungen als der Leitung oder gar Bevormundung. Und vor allem halte ich es doch f�r sehr wichtig, Kinder selbst ihre Grenzen erleben zu lassen: im Streit und in kleinen Risiken, und Kindergruppen ihre eigene Dynamik zu belassen, sie ein St�ck weit ihre Konflikte und Spielvariationen selbst bestimmen zu lassen. Nur so erfahren sie ein reales Leben mit Sonnen- und Schattenseiten, k�nnen ihre Verhaltensweisen erproben und eigenst�ndig w�hlen. Die Gruppen finden oft selbst eine Regulation � wobei durchaus Hilfestellungen und Anregungen der Erwachsenen richtig sein k�nnen. Es ist sicher ein gr��erer Lerneffekt, wenn das Kind die Mittel und das Ziel der Einigung �ber Spielsachen und Spiele selbst findet, als wenn es Anweisungen von Erwachsenen ausf�llt. Dies hier beschriebene dynamische und sicher auch problematische Element scheint mir gerade auch ein Vorteil von Spielpl�tzen gegen�ber der Familiensituation, auch dem Kindergarten und der Schule zu sein. Es ist zwar verst�ndlich, da� Erzieher ihre Erziehungsmethode nicht gerne durchkreuzt sehen, da� sie Situationen vermeiden, die anders strukturiert sind als die in der Familie. Aber gerade diese Ausdehnung der Familiensituation, die neue Gruppenanforderung ist ein Plus in der Erfahrungswelt des Kindes; eben das Gegengewicht und die Erg�nzung zum h�uslichen Milieu und zum Kindergarten, wo mehr besch�tzt und gelenkt wird, machen den Spielplatz so wertvoll.
Das Spiel zwischen den Kindern und ihren M�ttern
Das soll nun keineswegs bedeuten: auf dem Spielplatz haben Erwachsene nichts zu suchen, ganz im Gegenteil, meine ich. Ich erlebe fast zu oft Kinder, auch recht kleine, die sich ganz alleine auf dem Platz besch�ftigen, sich durchaus munter tummeln, es jedoch sehr, sehr dankbar aufnahmen, wenn ich ihnen zugucke, zu ihnen rede, ihnen Anregungen gebe, sie von der Rutschbahn auffange. Mein Sohn genie�t es auch stets besonders, wenn ich ihn auf einer Schaukel hin und wieder ansto�e, obwohl er das Schaukeln schon l�ngst alleine beherrscht. Kinder wollen die Gemeinschaft mit ihren Eltern und sollten diese auch haben: verstanden als unsere Liebe, als Freude am Miteinander, am Geben und Nehmen, als Geborgenheit und Z�rtlichkeit. Wenn man sich auf den Pl�tzen umsieht, so ist da wenig Zusammenspiel von gro� und klein; die Kinder werden entweder sich selbst �berlassen oder geg�ngelt. Ich denke, es fehlt ihnen das Erlebnis, da� ihre Eltern mit ihnen zusammen etwas tun, lachen �ber denselben Spa�, sich konzentrieren auf das selbe Ziel. Hier sehe ich eine wesentliche, aber noch meist ungenutzte Chance des Spielplatzes. Immerhin laden manche der gro�en Pl�tze zum gemeinsamen Feuermachen, Ballspielen, Klettern ein, und Abenteuerspielpl�tze sind auch oft das Ziel eines kleinen Familienausfluges: man vespert dort zusammen, die Kinder sind gl�cklich �ber das Zuschauen und Mitmachen der Eltern, die Eltern sehen auf diese Weise z. B. am Sonntag bedeutend mehr vom Verhalten, von den F�higkeiten, von den W�nschen ihrer Kinder. Dies gilt nat�rlich besonders f�r die V�ter, die ihre Kinder oft unter der Woche nicht wirklich erleben. Und es gilt f�r die Schulkinder mehr als f�r die Kleineren, da die Anwesenheit und der Einsatz der Eltern f�r Kinder ab 6/7 Jahren nicht mehr so erforderlich und attraktiv sind. Erfreulicherweise erlebte ich nicht nur Familienspiele auf den Spielpl�tzen, sondern auch Interaktionen zwischen befreundeten und fremden Kindern und Erwachsenen. Das Sch�nste, was ich in diesem Zusammenhang einmal sah, war die Aufforderung eines M�dchens an eine Spielkameradin, einen Mann im Rollstuhl mitspielen zu lassen: Sie waren gerade dabei, �Rennbock-Stehbock�, ein Fangspiel, zu organisieren � da rief die eine: �He, darf der Toni auch mitmachen!?� Jedes Kind, das auf diesem Spielplatz �fter ist, kennt den k�rperlich und geistig behinderten Mann; und f�r diese Kinder d�rfte es eine pr�gende soziale Erfahrung und eine menschliche Haltung geworden sein, diesen Menschen auf dem Spielplatz ganz selbstverst�ndlich miteinzubeziehen. Auf einem anderen Spielplatz, der sich durch seine besonders originellen, liebevoll durchdachten und soliden Ger�te auszeichnet, konnte ich w�hrend der Zeit seiner Entstehung viele Kontakte zwischen den Erbauern und den Benutzern erleben. Ich selbst plauderte h�ufig und gerne mit den Arbeitern und Handwerkern �ber den Platz und auch �ber Privates. Sie hatten �brigens die Schaukeln, T�rme, Ger�ste usw. selbst entworfen und genossen es sehr, die Freude der Kinder daran und das Lob der Eltern dar�ber zu ernten.
Begegnungs- und Kommunikationszentrum
Mit diesen Beispielen hoffe ich gezeigt zu haben, da� der Spielplatz zwei gro�e Erlebniswelten bietet: das Untersich-Sein der Kinder und das Miteinander der Kinder und Erwachsenen. Nun gibt es bereits Initiativen von Sozialp�dagogen in fortschrittlichen Gemeinden, wo beides gezielt gef�rdert und aktiv angeregt wird: durch Spielplatzfeste und Spielplatzaktionen. Da in meinen Augen der Spielplatz sowieso ein gutes Begegnungs- und Kommunikationszentrum ist und noch viel mehr sein k�nnte, fand ich die Idee solcher Initiativen sind Modelle, Eltern regelrecht auf den Platz zum Kaffeeklatsch, Grillfest, zu geselligen Spielen und zu p�dagogischen Diskussionen einzuladen, nachahmenswert. Dann w�rden mehr Kinder auf Spielpl�tzen zusammenkommen, es w�rde mehr Gemeinschaft in einem Wohnviertel entstehen, und sicher k�nnte man auch viel mehr h�usliche Spiele drau�en zusammen mit anderen veranstalten, wie z.B. Malen, Lesen ... Sicherlich k�nnten wir Eltern und Erzieher uns auf einem Spielplatz mit Phantasie viel gem�tlicher niederlassen und gemeinschaftlicher agieren, Gedanken austauschen, Kontakte kn�pfen, Hilfen geben. So w�rden auch unsere Kinder das Sch�ne an der Begegnung zwischen Menschen noch deutlicher von klein auf erfahren. In die Spiele und Interaktionen k�nnten auch alte Menschen, Jugendliche und Behinderte einbezogen werden.
Quelle: �kindergarten heute� Ausgabe 4/1976, Seite 174-180
|